Yoga und Beckenboden

Ein persönlicher Bericht von Gaby Brinkmann

Ihr Bericht zeigt, wie im individuellen Unterricht der Beckenboden zum Thema einer Yogapraxis gemacht werden kann.

Gaby Brinkmann

Dass diese Arbeit nur auf die Person ausgerichtet und prozessorientiert sein kann, also immer auf die realistische Möglichkeit des Übens und seine Wirksamkeit hin geprüft werden muss, ist für sie eine Selbstverständlichkeit.

Vor diesem Hintergrund sind die Rückmeldungen der Klientin zu verstehen, auf die sie sich immer wieder in ihrem Bericht bezieht. Entlang der Darstellung der einzelnen Praxen werden die theoretischen Hintergründe, die wissenschaftlich belegten Fakten und Ihre Schlussfolgerungen präsentiert.

Yoga und Beckenboden

Ein persönlicher Bericht von Gaby Brinkmann

Ihr Bericht zeigt, wie im individuellen Unterricht der Beckenboden zum Thema einer Yogapraxis gemacht werden kann.

Gaby Brinkmann

Dass diese Arbeit nur auf die Person ausgerichtet und prozessorientiert sein kann, also immer auf die realistische Möglichkeit des Übens und seine Wirksamkeit hin geprüft werden muss, ist für sie eine Selbstverständlichkeit.

Vor diesem Hintergrund sind die Rückmeldungen der Klientin zu verstehen, auf die sie sich immer wieder in ihrem Bericht bezieht. Entlang der Darstellung der einzelnen Praxen werden die theoretischen Hintergründe, die wissenschaftlich belegten Fakten und Ihre Schlussfolgerungen präsentiert.

Yoga und Beckenboden

Ein persönlicher Bericht von Gaby Brinkmann

Ihr Bericht zeigt, wie im individuellen Unterricht der Beckenboden zum Thema einer Yogapraxis gemacht werden kann.

Gaby Brinkmann

Dass diese Arbeit nur auf die Person ausgerichtet und prozessorientiert sein kann, also immer auf die realistische Möglichkeit des Übens und seine Wirksamkeit hin geprüft werden muss, ist für sie eine Selbstverständlichkeit.

Vor diesem Hintergrund sind die Rückmeldungen der Klientin zu verstehen, auf die sie sich immer wieder in ihrem Bericht bezieht. Entlang der Darstellung der einzelnen Praxen werden die theoretischen Hintergründe, die wissenschaftlich belegten Fakten und Ihre Schlussfolgerungen präsentiert.

Das Anliegen

Frau S. kam im April zur Erstkonsultation mit dem Anliegen Stärkung des Beckenbodens. Sie war damals 63 Jahre alt und Lehrerin an einer Grundschule, sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Ihre ärztliche Diagnose, die sie mir gleich zu Anfang der Konsultation präsentierte, lautete: Gebärmuttersenkung 2. Grades, kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz, beginnende Stuhlinkontinenz.

An der Uniklinik in Rostock sei ihr zu einer Netz-OP Sakropexiei, dabei wird das Scheidenende oder der Gebärmutterhals mithilfe eines Kunststoffnetzes am Kreuz- oder Steißbein befestigt. geraten worden. Sie durchlief weitere Beckenboden-Fachabteilungen und konsultierte verschiedene Physiotherapeutinnen.

Sie berichtete Folgendes: Bei plötzlichen Druckereignissen wie Aufstehen vom Stuhl, Husten, Lachen geht Urin ab, mitunter auch Stuhl. Sie trägt stets Einlagen. Zeitlebens habe sie eine schwache Blase gehabt, also schon immer unter plötzlichem Drang gelitten; Stress verschlimmere den Drang. Jetzt sei zur Dranginkontinenz eine Belastungsinkontinenz hinzugekommen. In beiden Schwangerschaften habe sie einen enormen Bauch gehabt; die Geburten habe sie als traumatisch, auch mit Verletzungen, erlebt.

Rückbildungskurse konnte sie damals wegen eines Umzugs bzw. einer Keuchhustenerkrankung nicht besuchen. Yoga kenne sie; über viele Jahre habe sie den Sonnengruß und die Fünf Tibeter geübt. Längeres Abstützen auf den Händen fiel ihr schwer, wegen eines komplizierten Handgelenkbruchs vor einem Jahr.

1x wöchentlich sei sie beim Qigong, 2 x pro Woche schwimmen; zu Hause benutze sie eine Wackelmaschine auf der sie 3x pro Woche übe. Gelegentlich übe sie im Liegen ein paar Beckenboden-Kontraktionen.

Beckenboden stärken – was spielt eine Rolle?

Das Anliegen meiner Klientin, das sie mit dem Begriff Beckenboden stärken beschrieb, umfasste ihre Hoffnung, dadurch womöglich auch die Erscheinungen von Inkontinenz besser im Griff haben zu können. Aus dem Wissen über ihre kombinierte Drang- und Belastungsinkontinenz und Senkung ergaben sich für mich drei Schwerpunkte der Arbeit:  

1. Organsenkung und Inkontinenz

Eine Beckenbodensenkung kann mit einer Organsenkung einhergehen oder diese zur Folge haben. Eine Senkung entwickelt sich über einen längeren Zeitraum. Sie ist oft begleitet von einer weiteren Störung, der Inkontinenz. Man unterscheidet die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz.

Die Belastungsinkontinenz

Bei der Belastungsinkontinenz treten am häufigsten Blasensymptome auf: Urinabgang bei plötzlichem Druckanstieg im Bauchraum, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Lachen, Springen. Bei fortschreitender Symptomatik zeigt sich Urinabgang auch bei Alltagsbewegungen wie Tragen, Heben, Treppensteigen etc. bis hin zum totalen Verlust der Kontrolle. Eine Belastungsinkontinenz des Darmes nennt man dann Stuhl- bzw. Windinkontinenz.

Die Dranginkontinenz

Bei der Dranginkontinenz liegt die Störung in einer Funktion des Blasenmuskels. Es kommt zu einem plötzlichen starken Harndrang mit unfreiwilligem Harnverlust. Während der Belastungsinkontinenz ein ungenügender Blasenverschluss zugrunde liegt, steht die Dranginkontinenz für übermäßige Aktivität des Blasenmuskels. Eine Vorstufe der Dranginkontinenz ist die sogenannte überaktive Blase.

Bei der überaktiven oder umgangssprachlich schwachen Blase liegt eine Blasenspeicherstörung vor oder die Blasenentleerung funktioniert nicht gut.

Beide Ursachen zeigen sich in einer verringerten Blasenkapazität (ohne unwillkürlichen Harnverlust), zwingendem Harndrang, nächtlicher Blasenentleerung und anderem mehr.

Eine überaktive Blase und Dranginkontinenz sollten ärztlich abgeklärt werden, um eine chronische Blasen-, Harnröhren- und Schleimhautentzündung ebenso auszuschließen wie ein Blasensteinleiden oder eine Blasensenkung, darüber hinaus sind Mischformen von Drang- und Belastungsinkontinenz häufig. Sie machen ca. 30 % der Inkontinenzfälle aus.

2. Beckenbodenarbeit – bewusst und anstrengungslos

Der Beckenboden kann seinen Tonus, also seinen Spannungszustand, je nach Anforderung stufenlos variieren. Diese Anforderung wird den ganzen Tag über an ihn gestellt; nachts vollbringt er auf niedrigem Niveau zur Kontinenzwahrung eine weitere Dauerleistung.

Motorische Kontrolle und Koordination der Beckenbodenmuskeln erfolgen am effektivsten auf einem Spannungsniveau von 20 – 40 % der Maximalkraft; auch unsere Wahrnehmung und damit die willentliche Beeinflussung sind dann am besten. Jede allzu massive Kontraktion geht dabei am Ziel vorbei.

Die Arbeiten von Dr. rer. medic Bärbel Junginger1, die am Beckenbodenzentrum der Charité forschte, zeigten, dass bezogen auf die Kontraktion der Beckenbodenmuskeln bereits 30 % der Maximalkraft genügen, um Kontinenz zu gewährleisten. Letztere ist dann gewährleistet, wenn sich bei einer mittleren Beckenbodenkontraktion der Blasenhals und die Harnröhre aufrichten und somit die Harnröhrenschließmuskeln gut zugreifen und verschließen können.

3. Atemarbeit – spannungsmindernd und abgestimmt auf die Beckenbodenarbeit

Es ist inzwischen unbestritten, dass die Kontraktionen des Beckenbodens mit einer Ausatmung zu koppeln sind, sollen sie nicht kontraproduktiv sein. Dabei verhindert die Ausatmung – z. B. mit der Ujjayī-Technik aktiv geführt:

  • dass Druck auf den Beckenboden entsteht
  • dass die verlängerte Ausatmung den Übenden deutlich mehr Zeit für eine differenzierte, effektive Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur lässt
  • ein langer Ausatem trägt zur Entspannung insgesamt bei, kann sich doch ein überaktives Vegetativum deutlich auf die Entstehung eines Dranges auswirken und die Angst, nicht kontinent zu sein, tut ihr Übriges - ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor!

___

1 In der medizinischen Zeitschrift für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Geburtshilfe Frauenheilkdunde 2017 Jul;77(7):765-770) stellten Junginger und Baeßler ihre Untersuchung zum Thema „Methoden des Beckenbodentrainings bei Inkontinenz“ vor, aus der sie eine Kritik bestimmter gängiger Beckenbodenarbeit und einen neuen Ansatz dafür ableiten. In ihren Arbeiten, die sie seit 2010 veröffentlichen, weisen sie auf die Bedeutung der Stellung des Blasenhalses bei der Entwicklung von Anti-Inkontinenz-Trainings hin. Ihre Untersuchungen, die sie mithilfe von Ultraschalldaten belegen, weisen darauf hin, dass submaximale Kontraktionen des Beckenbodens den üblicherweise praktizierten maximalen Kontraktionen aufgrund größerer Effizienz vorzuziehen sind; Maximale Beckenbodenkontraktionen – so Junginger und Baeßler führten oft zu zum Absenken des Blasenhalses und somit zu einer ineffizienten Blasensphinkterkontraktion. (Traditional Gymnastic Exercises for the Pelvic Floor Often Lead to Bladder Neck Descent – a Study Using Perineal Ultrasound.

Anatomie Beckenboden

Normalerweise erfüllt der Beckenboden mit seinem differenzierten Aufbau alle Funktionen vom Stützen und Halten, zum Loslassen und Öffnen bis hin zum zuverlässigen Verschließen.

Beim gesunden Menschen, bei dem diese Funktionen nicht gestört sind, geschieht dies in der Regel reflexartig, z.B. wenn im Alltag schnell und zuverlässig Kontinenz Kontinenz ist die Fähigkeit, die Stuhl- und Harn-Ausscheidung über eine Zeit zurückzuhalten, sie bewusst zu kontrollieren und willentlich auszulösen. gewährleistet werden muss.

Abb. 1 zeigt von links nach rechts die drei dafür verantwortlichen Schichten des Beckenbodens von außen nach innen hin zum Bauchraum.

  1. Schließmuskel
  2. Diapragma urogenitale
  3. Diapragma pelvis
Abb. 1

Beckenbodensenkung

Von einer Beckenbodensenkung spricht man, wenn der Damm sich beim Pressen oder in Ruhe über das normale Maß hinaus senkt. Eine leichte Senkung wird dabei häufig gar nicht gespürt.

Abb. 2

In Abb. 2 sind die für eine Beckenbodensenkung wichtigsten anatomischen Zusammenhänge schematisch dargestellt.

Die Bauchorgane werden durch die Bauchdecke (d) und den Beckenboden (e) an ihrem Platz gehalten. Dieser Widerstand fehlt bei funktionsgeschwächtem Beckenboden (f). Dabei verändern die Blase (A) ebenso wie der Darm ihre Lage (B = Schambein, C = Kreuzbein).

Ziele der Yogaarbeit

Bei der Klientin S. sind verschiedene Fähigkeiten eingeschränkt. Die Beckenbodenmuskulatur ist nicht mehr in der Lage, bei einer plötzlichen Druckerhöhung – wie Husten, Niesen, Lachen, Springen – zuverlässig zu reagieren und sich schnell und ausreichend anzuspannen. Ziel wird es daher sein, die Wahrnehmung der Beckenbodenmuskulatur zu verbessern.

Sehr achtsam wird das gezielte Ansteuern und Aktivieren der Muskeln geübt und versucht, den Beckenboden in verschiedenen Bewegungen und Haltungen wahrzunehmen, zu erkennen, wie er arbeitet und sein Zusammenspiel mit anderen Muskeln zu erleben. So kann die Klientin das unwillkürliche, komplexe Zusammenspiel von Nerven und Muskeln willentlich unterstützen.

Für die Entwicklung der Praxen formulierte ich folgende Ziele, an deren Verwirklichung ich die Wirksamkeit meiner Übungsauswahl und meines Unterrichtens überprüfen wollte:

  • Wahrnehmungsschulung in Bezug auf und Koordinationsverbesserung innerhalb des Beckenbodens, einschließlich seiner Lösung und Entspannung und Durchblutungsförderung.
  • Allmähliche Umstellung des bisher viel zu angestrengten Übens mit starken Muskelkontraktionen im Beckenboden der Klientin auf ein feineres Üben. Das bewusste Ansteuern der Beckenbodenmuskulatur erfolgt durch kleine leichte Impulse mit 10 – 30 % der möglichen Kraft. Mit Langsamkeit und minimaler Kraft kann unkoordinierte Muskulatur wieder in das gesunde Spannungs- und Bewegungsgeschehen integriert werden.
  • Schulung der Klientin, eine Anspannung ihres Beckenbodens mit einer Ko-Kontraktion der tiefen Bauchmuskulatur (quer verlaufender Bauchmuskel, M. transversus abdominis) auszuführen. Hierbei soll sie der Kontraktion auch eine Richtung geben, und zwar nach innen/oben.
  • Befähigung der Klientin, eine willentliche Vor-Anspannung zu setzen Präkontraktion, wenn es darum geht, einem plötzlichen Druckanstieg wie Husten, Niesen zu begegnen oder wenn es um eine geplante Anstrengung geht.

Die Praxen

Praxis I

Mit guter Aufmerksamkeit und sich Zeit dafür nehmend, werden leichte Kontraktionen an drei unterschiedlichen Orten gesetzt. In allen Übungen achtet Frau S. darauf, nicht die Beinmuskeln und großen Gesäßmuskeln mit anzuspannen.

Zur Vorbereitung der Atemführung soll Frau S. mit jeder ruhigen Einatmung Kontakt zum tiefen Bauch- und Beckenraum finden.

Beckenbodenarbeit braucht eine ruhige Atmung mit einer längeren, geführten Ausatmung etwa mit Ujjayī oder einem Ton/Laut (z.B.S CH). Es wird ein Mitschwingen des Beckenbodens mit der Atembewegung angestrebt.

Die bauchwärts gerichtete Einatmung geht im Beckenboden mit einer leichten exzentrischen, der aktive Ausatem mit einer konzentrischen Kontraktion einher. Die Übung fördert den Kontakt zum Beckenboden und verbessert die Elastizität und Koordination seiner Muskeln.

Die Übungen 2 – 4 münden in das Üben mit einem imaginierten Kraftpunkt. Er wird folgendermaßen angesagt:

Ausatmend hebt sich der Beckenboden nach oben in Richtung Bauchhöhle. Beobachte, wie sich dabei auch die Bauchdecke nach innen in Richtung der Wirbelsäule bewegt. Visualisiere beide Bewegungen als Kraftströme: einer von unten nach oben, der andere von außen nach innen. Sie treffen sich in einem Punkt im Bereich des Unterbauches vor der Wirbelsäule.

Abb. 3

Dabei sollte keine nach außen sichtbare Beckenbewegung erfolgen. Lediglich die Lendenwirbelsäule streckt sich etwas durch die Beckenbodenkontraktion, die Beckenbewegung ist minimal.

In der Übung Kraftpunkt (Abb. 3) entsteht ein leichtes Mula bandha mit einem angedeuteten Uḍḍīyāna bandha, jedoch ohne Atemverhaltung oder Sog.

Zum Abschluss der Praxis wird Übung 1 noch dreimal wiederholt.

Praxis II

Rückmeldung zu Praxis 1:

Frau S. hatte regelmäßig geübt und Gefallen an der Übung mit dem visualisierten Kraftpunkt gefunden. Auch das feine Üben sprach sie sehr an.

In der neuen Praxis wurde Wert daraufgelegt, dass die statischen Übungen aus der 1. Praxis, die eine hohe Konzentration erfordern, sich mit dynamischeren Übungen abwechseln. Dazu dienten einige unspezifische Abfolgen von Āsana.

Zur gezielten Beckenbodenarbeit wurden zwei weitere Übungen eingeführt. Eine davon benutze ich schon viele Jahre lang, die Tuchübung (Abb. 4) in den Übungen 4 und 7.

Auf einem Hocker sitzend stellt sich Frau S. vor, ein Tuch vor sich liegen zu haben, das sie beim Ausatmen mit einer Handbewegung wie ein Zelt in der Mitte anheben würde. So wie dieses Tuch soll nun ihr Beckenboden wie von einer imaginären Hand nach oben gezogen werden, alle Muskeln bewegen sich dabei wie ein Zeltdach aufwärts. Wichtig auch hier wieder: keine sichtbare Gesäß- und Beinaktivität.

Abb. 4

Übung Kraftpunkt aus Praxis 1, sechs Mal wiederholen

Diese Übung greift den schon erlernten und in Übung 6 als Vorbereitung geübten Umgang mit dem Kraftpunkt aus der ersten Praxis auf.

Praxis 3

Rückmeldung zur Praxis 2:

Nach vier Wochen Übungszeit bekam ich folgende Rückmeldung von Frau S.: Stuhldrang und Druck auf den After hätten sich verbessert. Sie konnte den Drang besser kontrollieren, worüber sie sehr glücklich war. Eine große Herausforderung für sie sei es, im Üben moderater und feiner zu werden. Aber sie schätzt das in besonderem Maße. Sie habe fünfmal pro Woche geübt. Auf diesem Hintergrund wurde die neue Praxis kaum verändert, mit einer Ausnahme: Die Tuchübung wird jetzt mit einem krama bezeichnet im Yoga ein schrittweises Vorgehen im Ausatem in der Beckenbodenkontraktion geübt.

Von einem krama spricht man, wenn eine Bewegung – sei es eine des Körpers oder des Atems ein- oder mehrfach unterbrochen wird, etwa wie hier beim Ausatmen im Zusammenhang mit der Beckenbodenkontraktion: Bis zur Hälfte der möglichen Ausatemlänge wird ausgeatmet, kurz innegehalten und dann die Ausatmung beendet. Gleichermaßen verfährt die Übende parallel dazu mit der Kontraktion. Diese anspruchsvolle Koordination bedarf einer sorgfältigen Erarbeitung. Ein krama erfordert eine noch feinere motorische Kontrolle der Beckenbodenmuskeln.

Abb. 5

Praxis 4

Rückmeldung zur Praxis 3:

Nach vier weiteren Wochen bekam ich folgendes Feedback von Frau S: Sie übt weiterhin regelmäßig 5 Mal in der Woche. Sie spüre Erfolge, das motiviere sie sehr. In der Vorwoche unseres Treffens habe sie einen Termin bei ihrer Gynäkologin gehabt. Diese habe nach der Untersuchung resümiert: ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Operation ist erst mal vom Tisch. Frau S. war extrem erleichtert und auch stolz, so weit gekommen zu sein, denn sie wollte diesen Eingriff unbedingt vermeiden.

Die Übung Kraftpunkt gefällt ihr, und sie erlebt sie als wirkungsvoll. Das Üben mit krama in der Tuchübung fiel ihr schwer, sie habe immer versucht, in der krama-Pause einzuatmen. Auch die Koordination von Atem und Bewegung mit der jeweiligen Unterbrechung sei schwierig für sie.

Nach zwei dynamischen Übungen, ähnlich wie in den vorausgehenden Praxen, kamen dieses Mal einige neue Aspekte der Beckenbodenarbeit dazu.

  1. Das Üben eines Wechsels von exzentrischer und konzentrischer Kontraktion der Beckenbodenmuskeln.
  2. Die Aktivierung des Beckenbodens im Zusammenhang mit Hüft- und Rückenmuskulatur.

Die Hände sind seitlich am Becken aufgestützt, die wechselnden Beuge- und Streckbewegungen finden nur in den Hüft- und Kniegelenken statt, nicht in der Wirbelsäule. Aus einer Haltung mit gebeugten Knien heraus wird ausatmend das Becken aufgerichtet; die Sitzbeinhöcker (SBH) werden als aufeinander zustrebend visualisiert. Der Körper ist zuletzt ganz aufgerichtet, die Beine gestreckt. Mit einer Einatmung werden die Hüftgelenke wieder gebeugt und die Knie leicht gebeugt.

Was geschieht hierbei und wozu dient die Übung?

Zum einen kommt es unter der Anweisung, Sitzbeinhöcker aufeinander zu streben lassen, zu einer konzentrischen Kontraktion1 des Beckenbodens. Wenn das Becken sich aufrichtet, verringert sich die Lordose im unteren Rücken ein wenig: die Multifidusmuskulatur Die Multifidus-Muskeln sind Sklettmuskeln der Rückenmuskulatur und Teil des sogenannten Rückenaufrichters (Erector spinae) als Gegenspielerin der Beckenbodenmuskulatur wird gedehnt.

Und wenn sich dann die Sitzbeinhöcker wieder voneinander entfernen, das Becken nach vorn kippt, und der untere Rücken wieder mehr lordosiert, die Hüften sich beugen, die Knie sich anwinkeln, kontrahieren die Beckenbodenmuskeln exzentrisch.

Bewegungen dieser Art aktivieren die Beckenbodenmuskulatur deutlich und fördern ihre Elastizität und das komplexe Zusammenspiel im Gefüge der Beckenmuskeln.

Im Vorstadium einer Bewegung, ihrer bewussten oder unbewussten Vorbereitung, wird der Beckenboden tonisiert, also angespannt. Genau dies geschieht beim Stehen auf einem Bein: Um Gleichgewicht herzustellen, springt die Tiefenmuskulatur2 des Rumpfes, zu der der Beckenboden gehört, reflektorisch an, um den Körper zu stabilisieren. Dies ist der Sinn der Übung, die ich Aktives Standbein nenne.

Ausatmend wird das rechte bzw. das linke Bein verlängernd über den Fuß fest in den Boden geschoben: das Aktive Standbein entsteht.

In dieser Übung wird das exzentrische und konzentrische Kontrahieren des Beckenbodens mithilfe des Ein-Bein-Standes praktiziert. Das aktive Standbein ist nun bereit, Halt zu geben, die Tiefenmuskulatur des Rumpfes ist aktiviert, damit das Spielbein vom Boden gehoben werden kann.

Im Nachspüren achtet die Übende auf ihre Aufrichtung und auf ihre Fußstellung mit ausgerichteten, stabilen Fersen.

Warum? Sind die Füße nach innen abgeknickt, wirkt sich das auf alle darüber liegenden Gelenke aus: Die Knie geraten in eine X-Stellung, die Oberschenkelknochen rotieren nach innen und die Hüftaußenrotatoren als Synergisten des Beckenbodens werden nicht aktiviert. In der Folge ist der Beckenboden passiv und das Becken kann sich nicht aufrichten.

Meine Unterrichtserfahrungen in den letzten Jahren zeigen mir immer mehr, wie sehr Fußstellung und Beckenbodensituation zusammenhängen.

Der Wechsel zwischen konzentrischer und exzentrischer Beckenbodenkontraktion lässt sich auch im Vierfüßlerstand gut üben.

Praxis 5

Rückmeldung zur Praxis 4:

Nach gut 6 Wochen Übungszeit berichtet Frau S. Folgendes: Sie übt weiterhin fünfmal pro Woche. Das Aktive Standbein sei eine echte Herausforderung. Auch sei das krama im Ausatmen in der Tuchübung noch schwierig für sie. Aber sie berichtet auch sehr Positives: Ihr Beckenbodenbewusstsein habe sich durch das mittlerweile fast 5-monatige Üben so verbessert, dass kein Malheur, also kein unwillkürlicher Harnverlust mehr passiert sei.

Auf diesem Hintergrund wurde nur wenig verändert. Die Tuchübung wurde noch einmal erklärt und wird weiter geübt. Neu hinzu kam diese Übung – Crunch mit Kraftpunkt.

Aufbau des imaginierten Kraftpunkts, wie schon in den vorausgegangenen Praxen.

Der Kraftpunkt wird ausatmend zunächst aufgebaut, bevor am Ende der Ausatmung im Halt nach der Ausatmung der Oberkörper gehoben wird. So entsteht eine willentliche Vorkontraktion.

Wichtig dabei: In der Anspannung müssen Beckenboden und Bauchdecke weiterhin kraftvoll nach innen aktiviert werden. Falsch ausgeführtes Bauchmuskeltraining kann eine Organ- oder Beckenbodensenkung auslösen oder verstärken.

Warum ist das so wichtig? Wenn sich in einer Übung die Körperspannung erhöht, wird durch eine Vorkontraktion, wie sie das Bhāvana Kraftpunkt setzt, verhindert, dass der Druck die Unterleibsorgane nach unten schiebt und der Beckenboden belastet wird.

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1 Konzentrische und exzentrische Muskelkontraktion: Bei der konzentrischen Bewegung verkürzt sich der Muskel. Genau das Gegenteil ist bei der exzentrischen Kontraktion der Fall. Sie ist durch eine Muskelverlängerung bei gleichzeitiger Kontraktion gekennzeichnet. Es handelt sich dabei also um den abbremsenden Teil der Bewegung. Konzentrische und exzentrische Bewegungen besitzen ein gleich hohes Maß an Wichtigkeit beim Muskeltraining. Beide Bewegungen ergänzen sich.

2 Die Tiefenmuskulatur des Rumpfes ist um die Wirbelsäule herum angeordnet. Gemeint sind mit dem Begriff alle tiefer liegenden Muskeln zwischen Rippen und Zwerchfell. Zu dieser Muskulatur zählen Bauch-, Rücken-, Hüft- und Beckenbodenmuskulatur. Wie ein Korsett stabilisieren die tiefen Muskelschichten unseren Körper, geben ihm Kraft, halten ihn im Gleichgewicht und sorgen dafür, dass sich die Gelenke gut bewegen können. Insbesondere stärkt die Tiefenmuskulatur den Rumpf und das Becken, die Körpermitte also, und sie sorgt dafür, dass die Organe an ihrem Platz bleiben.

Beckenbodentraining im Gruppenunterricht – Geht das?

In Yogagruppen sind Frauen stark vertreten, und das Thema Beckenboden wird von vielen Teilnehmerinnen angesprochen. Sie wünschen sich regelmäßig, auch was für den Beckenboden zu tun.

Im Sinne einer Prophylaxe lässt sich meiner Erfahrung nach die Beckenbodenarbeit hervorragend in den Gruppenunterricht integrieren. Zunächst einmal ist der integrative Lerneffekt bedeutsam. Ein wichtiger Moment ist dabei, für eine verbesserte Wahrnehmung des Beckenbodenbereichs zu sorgen. Viele Menschen nehmen diesen Muskelbereich kaum oder gar nicht wahr, weil er selten bewusst aktiviert wird.

Lernen die Übenden durch vielfältige Beckenbodenarbeit diesen Muskelbereich zu aktivieren, lässt sich damit Einfluss nehmen auf die neuronale Vernetzung und Repräsentanz im Gehirn. Durch eine bessere Ansteuerung und effektive Koordination innerhalb eines Muskels und zwischen verschiedenen Muskeln kommt es zu einer effektiven und ökonomischen Kraftentwicklung der Beckenbodenmuskeln. Mithilfe vorgestellter Bewegungen, Aktivitäten und innerer Bilder kann das Beckenbodenbewusstsein gefördert werden.

Der Beckenboden ist beteiligt an der Stabilisierung und Koordination der Beckenhälften zueinander, den Übergängen vom Becken zum Rumpf und vom Becken zu den Beinen. Er ist eingebettet in komplexe Muskelketten und gesamte körperliche Zusammenhänge.

Der Beckenboden ist haltungsstabilisierend und an nahezu jeder Bewegung beteiligt. Somit kann er in den unterschiedlichsten Positionen und Bewegungen Thema werden. Ansagen mit Bezug auf den Beckenboden können in einzelnen Ananas zu neuen und interessanten Erfahrungen im Üben führen. Dabei ist natürlich darauf zu achten, dass solche Hinweise wohldosiert und passend sind.

Gut lässt sich die Beckenbodenaktivierung erreichen in allen Positionen, in denen es um eine gute Beckenaufrichtung geht: Standpositionen, Kniestand.

Auch in Übungen, in denen im Verbund mit dem Beckenboden die tiefe Rumpfmuskulatur angesprochen wird, gelingt das gut, etwa in cakravākāsana (Abb. 6 links), in Crunches (Abb. 6 Mitte), in Abwandlungen von navāsana (Abb. 6 rechts) und Varianten von ūrdhva prasṛta pādāsana (Abb. 7 Mitte). Gleichgewichtshaltungen im Stehen (Abb. 7 links und rechts) gehören ebenfalls zu dieser Kategorie.

Abb. 6
Abb. 7

Um Āsanas für die Beckenbodenaktivierung zu nutzen, bedarf es, je nach Āsana und Körperposition, einer konkreten Ansage, wie:

  • Sitzbeinhöcker aufeinander zu bewegen
  • Beckenboden dezent anheben
  • das Becken aufrichten, Länge in den Leisten
  • die Muskulatur hinter dem Schambein nach innen und oben ziehen und die Spannung flächig nach oben über den Unterbauch verteilen …

Viele unterschiedliche Ansagen sind möglich. Will man in der Atemarbeit im Yoga die Ausatmung betonen, kann die Beckenbodenarbeit vorbereitend und unterstützend wirken, denn der Beckenboden ist zusammen mit der übrigen, den Ausatem unterstützenden Rumpfwandmuskulatur an der Koordination einer verlängerten Ausatembewegung beteiligt.

Umgekehrt kann der Beckenboden über die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Ausatembetonung wie Tönen, Summen, krama aktiviert werden. Was darüber hinaus dazukommen kann, ist der besondere Fokus, die spezifische, ganz auf den Beckenboden ausgerichtete Arbeit. ▼

Das Anliegen

Frau S. kam im April zur Erstkonsultation mit dem Anliegen Stärkung des Beckenbodens. Sie war damals 63 Jahre alt und Lehrerin an einer Grundschule, sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Ihre ärztliche Diagnose, die sie mir gleich zu Anfang der Konsultation präsentierte, lautete: Gebärmuttersenkung 2. Grades, kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz, beginnende Stuhlinkontinenz.

An der Uniklinik in Rostock sei ihr zu einer Netz-OP Sakropexiei, dabei wird das Scheidenende oder der Gebärmutterhals mithilfe eines Kunststoffnetzes am Kreuz- oder Steißbein befestigt. geraten worden. Sie durchlief weitere Beckenboden-Fachabteilungen und konsultierte verschiedene Physiotherapeutinnen.

Sie berichtete Folgendes: Bei plötzlichen Druckereignissen wie Aufstehen vom Stuhl, Husten, Lachen geht Urin ab, mitunter auch Stuhl. Sie trägt stets Einlagen. Zeitlebens habe sie eine schwache Blase gehabt, also schon immer unter plötzlichem Drang gelitten; Stress verschlimmere den Drang. Jetzt sei zur Dranginkontinenz eine Belastungsinkontinenz hinzugekommen. In beiden Schwangerschaften habe sie einen enormen Bauch gehabt; die Geburten habe sie als traumatisch, auch mit Verletzungen, erlebt.

Rückbildungskurse konnte sie damals wegen eines Umzugs bzw. einer Keuchhustenerkrankung nicht besuchen. Yoga kenne sie; über viele Jahre habe sie den Sonnengruß und die Fünf Tibeter geübt. Längeres Abstützen auf den Händen fiel ihr schwer, wegen eines komplizierten Handgelenkbruchs vor einem Jahr.

1x wöchentlich sei sie beim Qigong, 2 x pro Woche schwimmen; zu Hause benutze sie eine Wackelmaschine auf der sie 3x pro Woche übe. Gelegentlich übe sie im Liegen ein paar Beckenboden-Kontraktionen.

Beckenboden stärken – was spielt eine Rolle?

Das Anliegen meiner Klientin, das sie mit dem Begriff Beckenboden stärken beschrieb, umfasste ihre Hoffnung, dadurch womöglich auch die Erscheinungen von Inkontinenz besser im Griff haben zu können. Aus dem Wissen über ihre kombinierte Drang- und Belastungsinkontinenz und Senkung ergaben sich für mich drei Schwerpunkte der Arbeit:  

1. Organsenkung und Inkontinenz

Eine Beckenbodensenkung kann mit einer Organsenkung einhergehen oder diese zur Folge haben. Eine Senkung entwickelt sich über einen längeren Zeitraum. Sie ist oft begleitet von einer weiteren Störung, der Inkontinenz. Man unterscheidet die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz.

Die Belastungsinkontinenz

Bei der Belastungsinkontinenz treten am häufigsten Blasensymptome auf: Urinabgang bei plötzlichem Druckanstieg im Bauchraum, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Lachen, Springen. Bei fortschreitender Symptomatik zeigt sich Urinabgang auch bei Alltagsbewegungen wie Tragen, Heben, Treppensteigen etc. bis hin zum totalen Verlust der Kontrolle. Eine Belastungsinkontinenz des Darmes nennt man dann Stuhl- bzw. Windinkontinenz.

Die Dranginkontinenz

Bei der Dranginkontinenz liegt die Störung in einer Funktion des Blasenmuskels. Es kommt zu einem plötzlichen starken Harndrang mit unfreiwilligem Harnverlust. Während der Belastungsinkontinenz ein ungenügender Blasenverschluss zugrunde liegt, steht die Dranginkontinenz für übermäßige Aktivität des Blasenmuskels. Eine Vorstufe der Dranginkontinenz ist die sogenannte überaktive Blase.

Bei der überaktiven oder umgangssprachlich schwachen Blase liegt eine Blasenspeicherstörung vor oder die Blasenentleerung funktioniert nicht gut.

Beide Ursachen zeigen sich in einer verringerten Blasenkapazität (ohne unwillkürlichen Harnverlust), zwingendem Harndrang, nächtlicher Blasenentleerung und anderem mehr.

Eine überaktive Blase und Dranginkontinenz sollten ärztlich abgeklärt werden, um eine chronische Blasen-, Harnröhren- und Schleimhautentzündung ebenso auszuschließen wie ein Blasensteinleiden oder eine Blasensenkung, darüber hinaus sind Mischformen von Drang- und Belastungsinkontinenz häufig. Sie machen ca. 30 % der Inkontinenzfälle aus.

2. Beckenbodenarbeit – bewusst und anstrengungslos

Der Beckenboden kann seinen Tonus, also seinen Spannungszustand, je nach Anforderung stufenlos variieren. Diese Anforderung wird den ganzen Tag über an ihn gestellt; nachts vollbringt er auf niedrigem Niveau zur Kontinenzwahrung eine weitere Dauerleistung.

Motorische Kontrolle und Koordination der Beckenbodenmuskeln erfolgen am effektivsten auf einem Spannungsniveau von 20 – 40 % der Maximalkraft; auch unsere Wahrnehmung und damit die willentliche Beeinflussung sind dann am besten. Jede allzu massive Kontraktion geht dabei am Ziel vorbei.

Die Arbeiten von Dr. rer. medic Bärbel Junginger1, die am Beckenbodenzentrum der Charité forschte, zeigten, dass bezogen auf die Kontraktion der Beckenbodenmuskeln bereits 30 % der Maximalkraft genügen, um Kontinenz zu gewährleisten. Letztere ist dann gewährleistet, wenn sich bei einer mittleren Beckenbodenkontraktion der Blasenhals und die Harnröhre aufrichten und somit die Harnröhrenschließmuskeln gut zugreifen und verschließen können.

3. Atemarbeit – spannungsmindernd und abgestimmt auf die Beckenbodenarbeit

Es ist inzwischen unbestritten, dass die Kontraktionen des Beckenbodens mit einer Ausatmung zu koppeln sind, sollen sie nicht kontraproduktiv sein. Dabei verhindert die Ausatmung – z. B. mit der Ujjayī-Technik aktiv geführt:

  • dass Druck auf den Beckenboden entsteht
  • dass die verlängerte Ausatmung den Übenden deutlich mehr Zeit für eine differenzierte, effektive Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur lässt
  • ein langer Ausatem trägt zur Entspannung insgesamt bei, kann sich doch ein überaktives Vegetativum deutlich auf die Entstehung eines Dranges auswirken und die Angst, nicht kontinent zu sein, tut ihr Übriges - ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor!

___

1 In der medizinischen Zeitschrift für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (Geburtshilfe Frauenheilkdunde 2017 Jul;77(7):765-770) stellten Junginger und Baeßler ihre Untersuchung zum Thema „Methoden des Beckenbodentrainings bei Inkontinenz“ vor, aus der sie eine Kritik bestimmter gängiger Beckenbodenarbeit und einen neuen Ansatz dafür ableiten. In ihren Arbeiten, die sie seit 2010 veröffentlichen, weisen sie auf die Bedeutung der Stellung des Blasenhalses bei der Entwicklung von Anti-Inkontinenz-Trainings hin. Ihre Untersuchungen, die sie mithilfe von Ultraschalldaten belegen, weisen darauf hin, dass submaximale Kontraktionen des Beckenbodens den üblicherweise praktizierten maximalen Kontraktionen aufgrund größerer Effizienz vorzuziehen sind; Maximale Beckenbodenkontraktionen – so Junginger und Baeßler führten oft zu zum Absenken des Blasenhalses und somit zu einer ineffizienten Blasensphinkterkontraktion. (Traditional Gymnastic Exercises for the Pelvic Floor Often Lead to Bladder Neck Descent – a Study Using Perineal Ultrasound.

Anatomie Beckenboden

Normalerweise erfüllt der Beckenboden mit seinem differenzierten Aufbau alle Funktionen vom Stützen und Halten, zum Loslassen und Öffnen bis hin zum zuverlässigen Verschließen.

Beim gesunden Menschen, bei dem diese Funktionen nicht gestört sind, geschieht dies in der Regel reflexartig, z.B. wenn im Alltag schnell und zuverlässig Kontinenz Kontinenz ist die Fähigkeit, die Stuhl- und Harn-Ausscheidung über eine Zeit zurückzuhalten, sie bewusst zu kontrollieren und willentlich auszulösen. gewährleistet werden muss.

Abb. 1 zeigt von links nach rechts die drei dafür verantwortlichen Schichten des Beckenbodens von außen nach innen hin zum Bauchraum.

  1. Schließmuskel
  2. Diapragma urogenitale
  3. Diapragma pelvis
Abb. 1

Beckenbodensenkung

Von einer Beckenbodensenkung spricht man, wenn der Damm sich beim Pressen oder in Ruhe über das normale Maß hinaus senkt. Eine leichte Senkung wird dabei häufig gar nicht gespürt.

Abb. 2

In Abb. 2 sind die für eine Beckenbodensenkung wichtigsten anatomischen Zusammenhänge schematisch dargestellt.

Die Bauchorgane werden durch die Bauchdecke (d) und den Beckenboden (e) an ihrem Platz gehalten. Dieser Widerstand fehlt bei funktionsgeschwächtem Beckenboden (f). Dabei verändern die Blase (A) ebenso wie der Darm ihre Lage (B = Schambein, C = Kreuzbein).

Ziele der Yogaarbeit

Bei der Klientin S. sind verschiedene Fähigkeiten eingeschränkt. Die Beckenbodenmuskulatur ist nicht mehr in der Lage, bei einer plötzlichen Druckerhöhung – wie Husten, Niesen, Lachen, Springen – zuverlässig zu reagieren und sich schnell und ausreichend anzuspannen. Ziel wird es daher sein, die Wahrnehmung der Beckenbodenmuskulatur zu verbessern.

Sehr achtsam wird das gezielte Ansteuern und Aktivieren der Muskeln geübt und versucht, den Beckenboden in verschiedenen Bewegungen und Haltungen wahrzunehmen, zu erkennen, wie er arbeitet und sein Zusammenspiel mit anderen Muskeln zu erleben. So kann die Klientin das unwillkürliche, komplexe Zusammenspiel von Nerven und Muskeln willentlich unterstützen.

Für die Entwicklung der Praxen formulierte ich folgende Ziele, an deren Verwirklichung ich die Wirksamkeit meiner Übungsauswahl und meines Unterrichtens überprüfen wollte:

  • Wahrnehmungsschulung in Bezug auf und Koordinationsverbesserung innerhalb des Beckenbodens, einschließlich seiner Lösung und Entspannung und Durchblutungsförderung.
  • Allmähliche Umstellung des bisher viel zu angestrengten Übens mit starken Muskelkontraktionen im Beckenboden der Klientin auf ein feineres Üben. Das bewusste Ansteuern der Beckenbodenmuskulatur erfolgt durch kleine leichte Impulse mit 10 – 30 % der möglichen Kraft. Mit Langsamkeit und minimaler Kraft kann unkoordinierte Muskulatur wieder in das gesunde Spannungs- und Bewegungsgeschehen integriert werden.
  • Schulung der Klientin, eine Anspannung ihres Beckenbodens mit einer Ko-Kontraktion der tiefen Bauchmuskulatur (quer verlaufender Bauchmuskel, M. transversus abdominis) auszuführen. Hierbei soll sie der Kontraktion auch eine Richtung geben, und zwar nach innen/oben.
  • Befähigung der Klientin, eine willentliche Vor-Anspannung zu setzen Präkontraktion, wenn es darum geht, einem plötzlichen Druckanstieg wie Husten, Niesen zu begegnen oder wenn es um eine geplante Anstrengung geht.

Die Praxen

Praxis I

Mit guter Aufmerksamkeit und sich Zeit dafür nehmend, werden leichte Kontraktionen an drei unterschiedlichen Orten gesetzt. In allen Übungen achtet Frau S. darauf, nicht die Beinmuskeln und großen Gesäßmuskeln mit anzuspannen.

Zur Vorbereitung der Atemführung soll Frau S. mit jeder ruhigen Einatmung Kontakt zum tiefen Bauch- und Beckenraum finden.

Beckenbodenarbeit braucht eine ruhige Atmung mit einer längeren, geführten Ausatmung etwa mit Ujjayī oder einem Ton/Laut (z.B.S CH). Es wird ein Mitschwingen des Beckenbodens mit der Atembewegung angestrebt.

Die bauchwärts gerichtete Einatmung geht im Beckenboden mit einer leichten exzentrischen, der aktive Ausatem mit einer konzentrischen Kontraktion einher. Die Übung fördert den Kontakt zum Beckenboden und verbessert die Elastizität und Koordination seiner Muskeln.

Die Übungen 2 – 4 münden in das Üben mit einem imaginierten Kraftpunkt. Er wird folgendermaßen angesagt:

Ausatmend hebt sich der Beckenboden nach oben in Richtung Bauchhöhle. Beobachte, wie sich dabei auch die Bauchdecke nach innen in Richtung der Wirbelsäule bewegt. Visualisiere beide Bewegungen als Kraftströme: einer von unten nach oben, der andere von außen nach innen. Sie treffen sich in einem Punkt im Bereich des Unterbauches vor der Wirbelsäule.

Abb. 3

Dabei sollte keine nach außen sichtbare Beckenbewegung erfolgen. Lediglich die Lendenwirbelsäule streckt sich etwas durch die Beckenbodenkontraktion, die Beckenbewegung ist minimal.

In der Übung Kraftpunkt (Abb. 3) entsteht ein leichtes Mula bandha mit einem angedeuteten Uḍḍīyāna bandha, jedoch ohne Atemverhaltung oder Sog.

Zum Abschluss der Praxis wird Übung 1 noch dreimal wiederholt.

Praxis II

Rückmeldung zu Praxis 1:

Frau S. hatte regelmäßig geübt und Gefallen an der Übung mit dem visualisierten Kraftpunkt gefunden. Auch das feine Üben sprach sie sehr an.

In der neuen Praxis wurde Wert daraufgelegt, dass die statischen Übungen aus der 1. Praxis, die eine hohe Konzentration erfordern, sich mit dynamischeren Übungen abwechseln. Dazu dienten einige unspezifische Abfolgen von Āsana.

Zur gezielten Beckenbodenarbeit wurden zwei weitere Übungen eingeführt. Eine davon benutze ich schon viele Jahre lang, die Tuchübung (Abb. 4) in den Übungen 4 und 7.

Auf einem Hocker sitzend stellt sich Frau S. vor, ein Tuch vor sich liegen zu haben, das sie beim Ausatmen mit einer Handbewegung wie ein Zelt in der Mitte anheben würde. So wie dieses Tuch soll nun ihr Beckenboden wie von einer imaginären Hand nach oben gezogen werden, alle Muskeln bewegen sich dabei wie ein Zeltdach aufwärts. Wichtig auch hier wieder: keine sichtbare Gesäß- und Beinaktivität.

Abb. 4

Übung Kraftpunkt aus Praxis 1, sechs Mal wiederholen

Diese Übung greift den schon erlernten und in Übung 6 als Vorbereitung geübten Umgang mit dem Kraftpunkt aus der ersten Praxis auf.

Praxis 3

Rückmeldung zur Praxis 2:

Nach vier Wochen Übungszeit bekam ich folgende Rückmeldung von Frau S.: Stuhldrang und Druck auf den After hätten sich verbessert. Sie konnte den Drang besser kontrollieren, worüber sie sehr glücklich war. Eine große Herausforderung für sie sei es, im Üben moderater und feiner zu werden. Aber sie schätzt das in besonderem Maße. Sie habe fünfmal pro Woche geübt. Auf diesem Hintergrund wurde die neue Praxis kaum verändert, mit einer Ausnahme: Die Tuchübung wird jetzt mit einem krama bezeichnet im Yoga ein schrittweises Vorgehen im Ausatem in der Beckenbodenkontraktion geübt.

Von einem krama spricht man, wenn eine Bewegung – sei es eine des Körpers oder des Atems ein- oder mehrfach unterbrochen wird, etwa wie hier beim Ausatmen im Zusammenhang mit der Beckenbodenkontraktion: Bis zur Hälfte der möglichen Ausatemlänge wird ausgeatmet, kurz innegehalten und dann die Ausatmung beendet. Gleichermaßen verfährt die Übende parallel dazu mit der Kontraktion. Diese anspruchsvolle Koordination bedarf einer sorgfältigen Erarbeitung. Ein krama erfordert eine noch feinere motorische Kontrolle der Beckenbodenmuskeln.

Abb. 5

Praxis 4

Rückmeldung zur Praxis 3:

Nach vier weiteren Wochen bekam ich folgendes Feedback von Frau S: Sie übt weiterhin regelmäßig 5 Mal in der Woche. Sie spüre Erfolge, das motiviere sie sehr. In der Vorwoche unseres Treffens habe sie einen Termin bei ihrer Gynäkologin gehabt. Diese habe nach der Untersuchung resümiert: ein Unterschied wie Tag und Nacht. Die Operation ist erst mal vom Tisch. Frau S. war extrem erleichtert und auch stolz, so weit gekommen zu sein, denn sie wollte diesen Eingriff unbedingt vermeiden.

Die Übung Kraftpunkt gefällt ihr, und sie erlebt sie als wirkungsvoll. Das Üben mit krama in der Tuchübung fiel ihr schwer, sie habe immer versucht, in der krama-Pause einzuatmen. Auch die Koordination von Atem und Bewegung mit der jeweiligen Unterbrechung sei schwierig für sie.

Nach zwei dynamischen Übungen, ähnlich wie in den vorausgehenden Praxen, kamen dieses Mal einige neue Aspekte der Beckenbodenarbeit dazu.

  1. Das Üben eines Wechsels von exzentrischer und konzentrischer Kontraktion der Beckenbodenmuskeln.
  2. Die Aktivierung des Beckenbodens im Zusammenhang mit Hüft- und Rückenmuskulatur.

Die Hände sind seitlich am Becken aufgestützt, die wechselnden Beuge- und Streckbewegungen finden nur in den Hüft- und Kniegelenken statt, nicht in der Wirbelsäule. Aus einer Haltung mit gebeugten Knien heraus wird ausatmend das Becken aufgerichtet; die Sitzbeinhöcker (SBH) werden als aufeinander zustrebend visualisiert. Der Körper ist zuletzt ganz aufgerichtet, die Beine gestreckt. Mit einer Einatmung werden die Hüftgelenke wieder gebeugt und die Knie leicht gebeugt.

Was geschieht hierbei und wozu dient die Übung?

Zum einen kommt es unter der Anweisung, Sitzbeinhöcker aufeinander zu streben lassen, zu einer konzentrischen Kontraktion1 des Beckenbodens. Wenn das Becken sich aufrichtet, verringert sich die Lordose im unteren Rücken ein wenig: die Multifidusmuskulatur Die Multifidus-Muskeln sind Sklettmuskeln der Rückenmuskulatur und Teil des sogenannten Rückenaufrichters (Erector spinae) als Gegenspielerin der Beckenbodenmuskulatur wird gedehnt.

Und wenn sich dann die Sitzbeinhöcker wieder voneinander entfernen, das Becken nach vorn kippt, und der untere Rücken wieder mehr lordosiert, die Hüften sich beugen, die Knie sich anwinkeln, kontrahieren die Beckenbodenmuskeln exzentrisch.

Bewegungen dieser Art aktivieren die Beckenbodenmuskulatur deutlich und fördern ihre Elastizität und das komplexe Zusammenspiel im Gefüge der Beckenmuskeln.

Im Vorstadium einer Bewegung, ihrer bewussten oder unbewussten Vorbereitung, wird der Beckenboden tonisiert, also angespannt. Genau dies geschieht beim Stehen auf einem Bein: Um Gleichgewicht herzustellen, springt die Tiefenmuskulatur2 des Rumpfes, zu der der Beckenboden gehört, reflektorisch an, um den Körper zu stabilisieren. Dies ist der Sinn der Übung, die ich Aktives Standbein nenne.

Ausatmend wird das rechte bzw. das linke Bein verlängernd über den Fuß fest in den Boden geschoben: das Aktive Standbein entsteht.

In dieser Übung wird das exzentrische und konzentrische Kontrahieren des Beckenbodens mithilfe des Ein-Bein-Standes praktiziert. Das aktive Standbein ist nun bereit, Halt zu geben, die Tiefenmuskulatur des Rumpfes ist aktiviert, damit das Spielbein vom Boden gehoben werden kann.

Im Nachspüren achtet die Übende auf ihre Aufrichtung und auf ihre Fußstellung mit ausgerichteten, stabilen Fersen.

Warum? Sind die Füße nach innen abgeknickt, wirkt sich das auf alle darüber liegenden Gelenke aus: Die Knie geraten in eine X-Stellung, die Oberschenkelknochen rotieren nach innen und die Hüftaußenrotatoren als Synergisten des Beckenbodens werden nicht aktiviert. In der Folge ist der Beckenboden passiv und das Becken kann sich nicht aufrichten.

Meine Unterrichtserfahrungen in den letzten Jahren zeigen mir immer mehr, wie sehr Fußstellung und Beckenbodensituation zusammenhängen.

Der Wechsel zwischen konzentrischer und exzentrischer Beckenbodenkontraktion lässt sich auch im Vierfüßlerstand gut üben.

Praxis 5

Rückmeldung zur Praxis 4:

Nach gut 6 Wochen Übungszeit berichtet Frau S. Folgendes: Sie übt weiterhin fünfmal pro Woche. Das Aktive Standbein sei eine echte Herausforderung. Auch sei das krama im Ausatmen in der Tuchübung noch schwierig für sie. Aber sie berichtet auch sehr Positives: Ihr Beckenbodenbewusstsein habe sich durch das mittlerweile fast 5-monatige Üben so verbessert, dass kein Malheur, also kein unwillkürlicher Harnverlust mehr passiert sei.

Auf diesem Hintergrund wurde nur wenig verändert. Die Tuchübung wurde noch einmal erklärt und wird weiter geübt. Neu hinzu kam diese Übung – Crunch mit Kraftpunkt.

Aufbau des imaginierten Kraftpunkts, wie schon in den vorausgegangenen Praxen.

Der Kraftpunkt wird ausatmend zunächst aufgebaut, bevor am Ende der Ausatmung im Halt nach der Ausatmung der Oberkörper gehoben wird. So entsteht eine willentliche Vorkontraktion.

Wichtig dabei: In der Anspannung müssen Beckenboden und Bauchdecke weiterhin kraftvoll nach innen aktiviert werden. Falsch ausgeführtes Bauchmuskeltraining kann eine Organ- oder Beckenbodensenkung auslösen oder verstärken.

Warum ist das so wichtig? Wenn sich in einer Übung die Körperspannung erhöht, wird durch eine Vorkontraktion, wie sie das Bhāvana Kraftpunkt setzt, verhindert, dass der Druck die Unterleibsorgane nach unten schiebt und der Beckenboden belastet wird.

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1 Konzentrische und exzentrische Muskelkontraktion: Bei der konzentrischen Bewegung verkürzt sich der Muskel. Genau das Gegenteil ist bei der exzentrischen Kontraktion der Fall. Sie ist durch eine Muskelverlängerung bei gleichzeitiger Kontraktion gekennzeichnet. Es handelt sich dabei also um den abbremsenden Teil der Bewegung. Konzentrische und exzentrische Bewegungen besitzen ein gleich hohes Maß an Wichtigkeit beim Muskeltraining. Beide Bewegungen ergänzen sich.

2 Die Tiefenmuskulatur des Rumpfes ist um die Wirbelsäule herum angeordnet. Gemeint sind mit dem Begriff alle tiefer liegenden Muskeln zwischen Rippen und Zwerchfell. Zu dieser Muskulatur zählen Bauch-, Rücken-, Hüft- und Beckenbodenmuskulatur. Wie ein Korsett stabilisieren die tiefen Muskelschichten unseren Körper, geben ihm Kraft, halten ihn im Gleichgewicht und sorgen dafür, dass sich die Gelenke gut bewegen können. Insbesondere stärkt die Tiefenmuskulatur den Rumpf und das Becken, die Körpermitte also, und sie sorgt dafür, dass die Organe an ihrem Platz bleiben.

Beckenbodentraining im Gruppenunterricht – Geht das?

In Yogagruppen sind Frauen stark vertreten, und das Thema Beckenboden wird von vielen Teilnehmerinnen angesprochen. Sie wünschen sich regelmäßig, auch was für den Beckenboden zu tun.

Im Sinne einer Prophylaxe lässt sich meiner Erfahrung nach die Beckenbodenarbeit hervorragend in den Gruppenunterricht integrieren. Zunächst einmal ist der integrative Lerneffekt bedeutsam. Ein wichtiger Moment ist dabei, für eine verbesserte Wahrnehmung des Beckenbodenbereichs zu sorgen. Viele Menschen nehmen diesen Muskelbereich kaum oder gar nicht wahr, weil er selten bewusst aktiviert wird.

Lernen die Übenden durch vielfältige Beckenbodenarbeit diesen Muskelbereich zu aktivieren, lässt sich damit Einfluss nehmen auf die neuronale Vernetzung und Repräsentanz im Gehirn. Durch eine bessere Ansteuerung und effektive Koordination innerhalb eines Muskels und zwischen verschiedenen Muskeln kommt es zu einer effektiven und ökonomischen Kraftentwicklung der Beckenbodenmuskeln. Mithilfe vorgestellter Bewegungen, Aktivitäten und innerer Bilder kann das Beckenbodenbewusstsein gefördert werden.

Der Beckenboden ist beteiligt an der Stabilisierung und Koordination der Beckenhälften zueinander, den Übergängen vom Becken zum Rumpf und vom Becken zu den Beinen. Er ist eingebettet in komplexe Muskelketten und gesamte körperliche Zusammenhänge.

Der Beckenboden ist haltungsstabilisierend und an nahezu jeder Bewegung beteiligt. Somit kann er in den unterschiedlichsten Positionen und Bewegungen Thema werden. Ansagen mit Bezug auf den Beckenboden können in einzelnen Ananas zu neuen und interessanten Erfahrungen im Üben führen. Dabei ist natürlich darauf zu achten, dass solche Hinweise wohldosiert und passend sind.

Gut lässt sich die Beckenbodenaktivierung erreichen in allen Positionen, in denen es um eine gute Beckenaufrichtung geht: Standpositionen, Kniestand.

Auch in Übungen, in denen im Verbund mit dem Beckenboden die tiefe Rumpfmuskulatur angesprochen wird, gelingt das gut, etwa in cakravākāsana (Abb. 6 links), in Crunches (Abb. 6 Mitte), in Abwandlungen von navāsana (Abb. 6 rechts) und Varianten von ūrdhva prasṛta pādāsana (Abb. 7 Mitte). Gleichgewichtshaltungen im Stehen (Abb. 7 links und rechts) gehören ebenfalls zu dieser Kategorie.

Abb. 6
Abb. 7

Um Āsanas für die Beckenbodenaktivierung zu nutzen, bedarf es, je nach Āsana und Körperposition, einer konkreten Ansage, wie:

  • Sitzbeinhöcker aufeinander zu bewegen
  • Beckenboden dezent anheben
  • das Becken aufrichten, Länge in den Leisten
  • die Muskulatur hinter dem Schambein nach innen und oben ziehen und die Spannung flächig nach oben über den Unterbauch verteilen …

Viele unterschiedliche Ansagen sind möglich. Will man in der Atemarbeit im Yoga die Ausatmung betonen, kann die Beckenbodenarbeit vorbereitend und unterstützend wirken, denn der Beckenboden ist zusammen mit der übrigen, den Ausatem unterstützenden Rumpfwandmuskulatur an der Koordination einer verlängerten Ausatembewegung beteiligt.

Umgekehrt kann der Beckenboden über die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Ausatembetonung wie Tönen, Summen, krama aktiviert werden. Was darüber hinaus dazukommen kann, ist der besondere Fokus, die spezifische, ganz auf den Beckenboden ausgerichtete Arbeit. ▼

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