Diese Artikelreihe widmet sich ganz der Yogapraxis.
Egal, ob du mehr über Meditation oder Prāṇāyāma erfahren möchtest, fundierte Informationen zu einzelnen Āsana suchst oder dich für bestimmte Zielgruppen interessierst – hier wirst du fündig!
Äußere Veränderungen waren schon immer eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Yogas.
Unter der Überschrift Tradition – Yoga im Wandel findest du daher nicht nur Artikel zu Hintergrund, Geschichte und wichtigen traditionellen Texten und Schriften, sondern auch Beiträge, die sich unter dem Stichwort TravellingYoga mit Veränderungen und notwendigen Anpassungen im Yoga auseinandersetzen.
Dieses Āsana ist eine fordernde Sitzposition, in deren Mittelpunkt die aktive Streckung der gesamten Wirbelsäule steht. »Danda« bedeutet wörtlich übersetzt Stab oder Säule – und wird in alten Yogaschriften oft als Bild für die Wirbelsäule verwendet. Gemeint ist damit weniger ihre Form, sondern vielmehr ihre Funktion: die Wirbelsäule trägt, stützt und verbindet. Sie ist das zentrale Element, das Haltung und Bewegung möglich macht.
Wie immer in den Āsana-Artikeln werden ausführlich die Varianten, die Atemführung, die Wege in die Übung, die Problembereiche und Risiken, die Vorbereitung und der Ausgleich sowie die Verwendung in Gruppenkursen besprochen. Ein Kursbeispiel schließt den Artikel ab.
Daṇḍāsana
Dieses Āsana ist eine fordernde Sitzposition, in deren Mittelpunkt die aktive Streckung der gesamten Wirbelsäule steht. »Danda« bedeutet wörtlich übersetzt Stab oder Säule – und wird in alten Yogaschriften oft als Bild für die Wirbelsäule verwendet. Gemeint ist damit weniger ihre Form, sondern vielmehr ihre Funktion: die Wirbelsäule trägt, stützt und verbindet. Sie ist das zentrale Element, das Haltung und Bewegung möglich macht.
Wie immer in den Āsana-Artikeln werden ausführlich die Varianten, die Atemführung, die Wege in die Übung, die Problembereiche und Risiken, die Vorbereitung und der Ausgleich sowie die Verwendung in Gruppenkursen besprochen. Ein Kursbeispiel schließt den Artikel ab.
Daṇḍāsana
Dieses Āsana ist eine fordernde Sitzposition, in deren Mittelpunkt die aktive Streckung der gesamten Wirbelsäule steht. »Danda« bedeutet wörtlich übersetzt Stab oder Säule – und wird in alten Yogaschriften oft als Bild für die Wirbelsäule verwendet. Gemeint ist damit weniger ihre Form, sondern vielmehr ihre Funktion: die Wirbelsäule trägt, stützt und verbindet. Sie ist das zentrale Element, das Haltung und Bewegung möglich macht.
Wie immer in den Āsana-Artikeln werden ausführlich die Varianten, die Atemführung, die Wege in die Übung, die Problembereiche und Risiken, die Vorbereitung und der Ausgleich sowie die Verwendung in Gruppenkursen besprochen. Ein Kursbeispiel schließt den Artikel ab.
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Einleitung
Die Wirbelsäule verdient den Namen Säule deshalb, weil sie etwas trägt und nicht, weil sie in ihrer Form tatsächlich einer Säule gleicht. Die Krümmungen, denen eine normale Wirbelsäule im Gegensatz zu einer von Menschenhand gebauten Säule folgt, sind nicht nur natürlich, sondern sie erfüllen wesentliche Aufgaben für ihre Funktion im Körper. Vor allem sorgen diese Schwünge in der Wirbelsäule für die notwendige Abfederung von Stößen, denen der Bewegungsapparat zum Beispiel bei jedem Schritt ausgesetzt ist.
Interessanterweise und funktional gesehen ganz konsequent, bildet sich die charakteristische doppelte S-Form der Wirbelsäule im menschlichen Wachstumsprozess tatsächlich erst zu der Zeit heraus, in der ein Kind auf den Füßen zu stehen und den aufrechten Gang beginnt. Solange sich ein Kleinkind noch auf allen Vieren bewegt, sieht die Wirbelsäule etwa so aus, wie wir es von vierbeinigen Tieren kennen. Der untere Rücken ist gerundet, der Wirbelsäule fehlt der spätere Doppelschwung. Die Entwicklung der menschlichen Wirbelsäule im fünften Monat der Schwangerschaft zeigt Abb. 1. Links, in der Mitte beim Säugling und beim Erwachsenen rechts.
Abb. 1
Bleibt die Wirbelsäule im Wachstumsprozess in einer weitgehend gestreckten Stellung in der Medizin heißt dies Steilstellung der Wirbelsäule führt dies mit zunehmendem Alter häufig zu Beschwerden. Betroffen sind dabei vorwiegend die Bandscheiben, die durch das Fehlen der normalen Schwünge der Wirbelsäule in ihrer Funktion als Kissen zur Abfederung von Stößen überfordert sind.
Eine andere, gegenteilige Entwicklung, die die Form der Wirbelsäule nehmen kann, ist viel häufiger und nicht weniger problematisch. Durch Fehlbelastung und Bewegungsarmut nimmt dabei die natürliche Rückbeuge im Lendenbereich zu und wird mehr und mehr zu einem »hohlen Kreuz«. Gleichzeitig verstärkt sich die natürliche leichte Rundung im Bereich des Brustkorbs zu einem »Rundrücken«.
Abb. 2
Die Entstehung von Hohlkreuz und Rundrücken sind also einerseits Ausdruck eines Ungleichgewichts der Rückenmuskulatur. Andererseits bedeutet diese Rückenform ihrerseits eine Fehlbelastung für die Rückenmuskulatur ebenso wie für die Bandscheiben.
In dandāsana nun wird die Wirbelsäule intensiv gestreckt, eine besondere Anforderung für die gesamte Muskulatur des Rückens und des Nackens. Unter Strecken der Wirbelsäule wird dabei eine Bewegung verstanden, die die natürliche Krümmung der Wirbelsäule verkleinert und sie so tatsächlich in Richtung eines Stockes danda = Stock bewegt.
Diese Ausrichtung in eine Gerade bedeutet für den unteren Rücken und Nacken eine Bewegung in Richtung VorbeugeKyphose ,für den oberen Rücken im Brustkorbbereich eine Bewegung in Richtung RückbeugeLordose (Abb. 2).
Das Besondere an dandāsana ist also die Streckung und Aufrichtung des ganzen Rückens. Es ist keine reine Vorbeuge und keine reine Rückbeuge, sondern beinhaltet Vor- und Rückbeuge zugleich, wenn auch in unterschiedlichen Bereichen der Wirbelsäule.
Die Wirbelsäule über längere Zeit in der Weise zu strecken, wie es dandāsana fordert, verlangt vom Rücken koordinierte Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer. Interessanterweise wird in traditionellen Diskussionen zum Beispiel in der Haṭha Yoga Pradīpikā um Sinn und Zweck der Āsana-Praxis oft genau diese Fähigkeit der mühelosen Aufrichtung der Wirbelsäule als ein wichtiger Ausdruck und gutes Maß dafür angesehen, ob die Praxis von Āsana insgesamt erfolgreich gelingt.
Referenzposition und Varianten
Für die weiteren Überlegungen wurde als Referenzposition folgende Form gewählt (Abb. 3):
Abb. 3
Die Beine liegen dabei ausgestreckt am Boden, die Hände neben dem Becken. Der Rücken und Nacken sind gestreckt. Durch die Nackenstreckung richtet sich das Kinn zur Kehlgrube hin, ein „Kinnverschluss“, der im Yoga jālandhara bandha genannt wird (Abb. 4).
Abb. 4
Beim Üben von Dandāsana zeigt sich, dass es für eine gute und erfolgreiche Praxis sinnvoll ist, mit verschiedenen Varianten dieser Grundhaltung zu arbeiten. In einer kleinen Auswahl werden einige der zahlreichen Varianten hervorgehoben.
Die wichtigste Variationsmöglichkeit eröffnet sich durch eine Veränderung der Beinhaltung. Für viele Übende ist es nötig, die Knie anzubeugen, nur so erreichen sie die geforderte Rückenstreckung ohne Verspannungen.
Abb. 5
Auch das Anheben der Sitzposition durch eine geeignete Unterlage wirkt in dieser Richtung (Abb. 6).
Abb. 6
Auch ein leichtes Grätschen der Beine (Abb. 7) gibt dem Rücken mehr Bewegungsspielraum.
Abb. 7
Natürlich lassen sich diese Möglichkeiten auch miteinander kombinieren. Für steife, eher unbewegliche Menschen ist die Praxis von dandāsana vom Stuhl aus interessant. Um dabei dem Konzept von dandāsana nahe zu bleiben, sollten gleichzeitig mit dem Strecken des Rückens die Füße fest auf den Boden gepresst werden. Wer dandāsana auf diese Weise ausprobiert, wird die darin erreichbare Intensität schätzen lernen (Abb. 8).
Abb. 8
Genau umgekehrt kann vorgegangen werden, wenn Übende, die durch eine hohe Flexibilität in den Hüften kaum ein wirkliches Gefühl für dandāsana und seine Anforderungen entwickeln können. Durch eine Unterlage unter die Fersen ist dennoch die gewünschte Intensivierung und Erfahrung davon möglich (Abb. 9).
Abb. 9
Durch Heranziehen eines Beines an den Körper kann dandāsana auch asymmetrisch geübt werden (Abb. 10).
Abb. 10
Weitere häufig benutzte Varianten beziehen sich auf die Position der Arme. Durch ein Anheben der Arme wird die Streckung des Rückens intensiviert. Die unterschiedlichen Armpositionen sind in jeder gewählten Sitzposition möglich. Hier einige Beispiele (Abb. 11 und 12):
Abb. 11
Abb. 12
Eine große Anzahl weiterer Armpositionen sind möglich und können besondere und interessante Anforderungen in die Praxis von dandāsana bringen. Allerdings verliert die Streckung der Wirbelsäule in vielen dieser Varianten in der Regel an Intensität (Abb. 13).
Abb. 13
Der Atem
Die Ausgangshaltung ist ein entspannter Langsitz; mit der Einatmung geht es in die Streckung zum dandāsana – Abb. 14 zeigt eine Variante mit leicht gebeugten Knien.
Abb. 14
Diese Atemführung gilt auch, wenn die Arme angehoben werden (Abb. 15).
Abb. 15
Gerade für dandāsana mit gestreckten Armen stehen zahlreiche nützliche Abfolgen von Schritten in das Āsana hinein zur Verfügung (Abb. 16 – 18).
Abb. 16
Abb. 17
Ebenfalls hilfreich ist die Verbindung von dandāsana mit einem einfachen paścimatānāsana (Abb. 18).
Abb. 18
Problembereiche und Risiken
Probleme aus der Praxis von dandāsana ergeben sich hauptsächlich im Bereich des Rückens, des Nackens und Schultern und der Hüfte (Abb. 19).
Abb. 19
Rücken
Dandāsana verlangt viel Kraft und damit Spannung im ganzen Rücken. Leicht kann diese notwendige Spannung zu kontraproduktiver Verspannung werden – bestehende Ungleichgewichte im Rücken können dadurch verstärkt werden. Das wesentliche Mittel, solchen Tendenzen entgegenzuwirken, ist die Wahl der passenden Ausgangsposition. In Abb. 20 ist eine Reihe dargestellt, in der die Chancen für eine Verspannung immer größer werden.
Abb. 20
Vor allem Übende, die zu Verspannung im unteren Rücken oder Ischiasproblemen neigen, sollten die Vorteile der Varianten nutzen, die von einem Stuhl oder Hocker aus geübt werden.
Nacken und Schultern
Nackenverspannungen sind häufig und dandāsana kann solche Verspannungen verstärken. Die Position von jālandhara bandhasiehe Referenzposition ebenso wie – bei den entsprechenden Varianten – ein längeres Halten der angehobenen Arme sind für einen empfindlichen Nacken schnell eine Überforderung. Deshalb sollte in der Vorbereitung, vor einer intensiven Praxis von dandāsana, ein Gefühl dafür vermittelt werden, wie belastbar, wie frei der Nacken ist. Wann immer Zweifel an dieser Belastbarkeit aufkommen, sollte die Position angepasst werden. Diese Veränderungen können sich beispielsweise auf die Kopfhaltung beziehen. Die Intensität von jālandhara bandha kann etwa durch leichtes Heben des Kopfes gemindert werden (Abb. 21).
Abb. 21
Auch die Armposition kann unter diesem Aspekt gewählt werden, z. B. durch ein Anbeugen der Arme (Abb. 22).
Abb. 22
Die Wahl der Variante mit gesenkten Armen oder eine noch größere Entlastung des Schultergürtels durch das Ablegen der Hände auf den Oberschenkeln sind in diesem Zusammenhang weitere Varianten (Abb. 23).
Abb. 23
Ebenfalls kann es sinnvoll sein, während der Praxis Bewegung in den Bereich von Nacken und Schultern zu bringen. Abb. 24 und Abb. 25 zeigen jeweils beispielhaft, wie statt eines längeren statischen Verweilens die Statik unterbrochen wird. Stattdessen wird kürzer in der Statik geblieben und dafür mit mehr Wiederholungen geübt, indem eine Armbewegung hinzugefügt wird.
Abb. 24
Abb. 25
Hüften und Oberschenkel
Auch für in der Hüfte steife Menschen ist das Risiko hoch, viel Spannung in die Hüften und Oberschenkel zu bringen. Neben einer entsprechend intensiven Vorbereitung sollte zur Vermeidung oder Reduzierung dieses Problems primär wieder die Frage nach der Wahl einer richtigen Ausgangsposition (Stichwort Sitzhöhe) gestellt werden.
Die Vorbereitung – pūrvāṅga
Unterschiedliche Āsana (Abb. 25 - 30) sind für die Vorbereitung von dandāsana geeignet.
Ardha uttānāsana
Abb. 26
Ūrdhva prasṛta pādāsana
Abb. 27
Daṇḍāsana vom Stuhl
Abb. 28
Vinyāsa für paścimatānāsana
Abb. 29
Auch Rückbeugen wie bhujaṅgāsana oder śalabhāsana können unterstützen, den Rücken auf die Anforderungen von dandāsana vorzubereiten (Abb. 30).
Abb. 30
Der Ausgleich – pratikriyāsana
Bei der Wahl eines oder mehrerer Āsana als Ausgleich nach der Praxis von daṇḍāsana gibt es je nach gewählter Variante und Intensität verschiedene Möglichkeiten und Schwerpunkte. Nach einer wenig fordernden Praxis reicht śavāsana als Ausgleich meist aus (Abb. 31).
Abb. 31
Spannung im Rücken kann mit einer Vorbeuge aus cakravākāsana ausgeglichen werden (Abb. 32).
Abb. 32
Bei Spannung in den Hüften und Oberschenkeln eignen sich Übungen wie dvipāda pītham (Abb. 33) oder auch catuṣpāda pīṭham (Abb. 34).
Abb. 33
Abb. 34
Wurde beim Üben von dandāsana viel Wert auf die Beinstreckung gelegt, sorgt apānāsana für einen Ausgleich von Spannung im Bereich der Beine (Abb. 35).
Abb. 35
Eine intensive Praxis von dandāsana vorausgesetzt, ist es beim Unterrichten von Gruppen sinnvoll, den Ausgleich möglichst breit anzulegen, um den oft sehr unterschiedlichen Schwierigkeiten im Üben dieses Āsana ausreichend gerecht zu werden.
Daṇḍāsana im Gruppenkurs
Dandāsana selbst eignet sich nicht als Ausgleichsübung pratikriyāsana. Eine Rolle in der Vorbereitung kann es für mahāmudrā spielen (Abb. 36). Und als Mittelpunkt oder einer der Schwerpunkte einer Praxis kann es mit seinen verschiedenen Variationsmöglichkeiten interessante Verwendungen finden.
Abb. 36
Ein Kurs für daṇḍāsana
Hinweis: Die Abbildungen stehen lediglich für das Konzept der vorgeschlagenen Āsana und geben nicht die zu übende exakte äußere Form wieder. Wie ein Āsana auszuführen ist, hängt immer von den jeweils besonderen Gegebenheiten/Möglichkeiten der übenden Person ab. Auch die angegebene Zahl der Wiederholungen ist nur als Vorschlag zu verstehen. Ziel ist letztlich, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Anzahl der Wiederholungen und der Zusammenstellung der einzelnen Vinyāsas zu finden.
Ob dieser Kurs für eine Gruppe oder Person wirklich geeignet ist, sollte jeweils geprüft werden. Das gilt nicht zuletzt für die in diesem Kurs vorgeschlagenen ersten Übungsabfolgen, die einen belastbaren Rücken voraussetzen: eine Bedingung, die an eine intensive Praxis von dandāsana zu stellen ist.
Die Wirbelsäule verdient den Namen Säule deshalb, weil sie etwas trägt und nicht, weil sie in ihrer Form tatsächlich einer Säule gleicht. Die Krümmungen, denen eine normale Wirbelsäule im Gegensatz zu einer von Menschenhand gebauten Säule folgt, sind nicht nur natürlich, sondern sie erfüllen wesentliche Aufgaben für ihre Funktion im Körper. Vor allem sorgen diese Schwünge in der Wirbelsäule für die notwendige Abfederung von Stößen, denen der Bewegungsapparat zum Beispiel bei jedem Schritt ausgesetzt ist.
Interessanterweise und funktional gesehen ganz konsequent, bildet sich die charakteristische doppelte S-Form der Wirbelsäule im menschlichen Wachstumsprozess tatsächlich erst zu der Zeit heraus, in der ein Kind auf den Füßen zu stehen und den aufrechten Gang beginnt. Solange sich ein Kleinkind noch auf allen Vieren bewegt, sieht die Wirbelsäule etwa so aus, wie wir es von vierbeinigen Tieren kennen. Der untere Rücken ist gerundet, der Wirbelsäule fehlt der spätere Doppelschwung. Die Entwicklung der menschlichen Wirbelsäule im fünften Monat der Schwangerschaft zeigt Abb. 1. Links, in der Mitte beim Säugling und beim Erwachsenen rechts.
Abb. 1
Bleibt die Wirbelsäule im Wachstumsprozess in einer weitgehend gestreckten Stellung in der Medizin heißt dies Steilstellung der Wirbelsäule führt dies mit zunehmendem Alter häufig zu Beschwerden. Betroffen sind dabei vorwiegend die Bandscheiben, die durch das Fehlen der normalen Schwünge der Wirbelsäule in ihrer Funktion als Kissen zur Abfederung von Stößen überfordert sind.
Eine andere, gegenteilige Entwicklung, die die Form der Wirbelsäule nehmen kann, ist viel häufiger und nicht weniger problematisch. Durch Fehlbelastung und Bewegungsarmut nimmt dabei die natürliche Rückbeuge im Lendenbereich zu und wird mehr und mehr zu einem »hohlen Kreuz«. Gleichzeitig verstärkt sich die natürliche leichte Rundung im Bereich des Brustkorbs zu einem »Rundrücken«.
Abb. 2
Die Entstehung von Hohlkreuz und Rundrücken sind also einerseits Ausdruck eines Ungleichgewichts der Rückenmuskulatur. Andererseits bedeutet diese Rückenform ihrerseits eine Fehlbelastung für die Rückenmuskulatur ebenso wie für die Bandscheiben.
In dandāsana nun wird die Wirbelsäule intensiv gestreckt, eine besondere Anforderung für die gesamte Muskulatur des Rückens und des Nackens. Unter Strecken der Wirbelsäule wird dabei eine Bewegung verstanden, die die natürliche Krümmung der Wirbelsäule verkleinert und sie so tatsächlich in Richtung eines Stockes danda = Stock bewegt.
Diese Ausrichtung in eine Gerade bedeutet für den unteren Rücken und Nacken eine Bewegung in Richtung VorbeugeKyphose ,für den oberen Rücken im Brustkorbbereich eine Bewegung in Richtung RückbeugeLordose (Abb. 2).
Das Besondere an dandāsana ist also die Streckung und Aufrichtung des ganzen Rückens. Es ist keine reine Vorbeuge und keine reine Rückbeuge, sondern beinhaltet Vor- und Rückbeuge zugleich, wenn auch in unterschiedlichen Bereichen der Wirbelsäule.
Die Wirbelsäule über längere Zeit in der Weise zu strecken, wie es dandāsana fordert, verlangt vom Rücken koordinierte Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer. Interessanterweise wird in traditionellen Diskussionen zum Beispiel in der Haṭha Yoga Pradīpikā um Sinn und Zweck der Āsana-Praxis oft genau diese Fähigkeit der mühelosen Aufrichtung der Wirbelsäule als ein wichtiger Ausdruck und gutes Maß dafür angesehen, ob die Praxis von Āsana insgesamt erfolgreich gelingt.
Referenzposition und Varianten
Für die weiteren Überlegungen wurde als Referenzposition folgende Form gewählt (Abb. 3):
Abb. 3
Die Beine liegen dabei ausgestreckt am Boden, die Hände neben dem Becken. Der Rücken und Nacken sind gestreckt. Durch die Nackenstreckung richtet sich das Kinn zur Kehlgrube hin, ein „Kinnverschluss“, der im Yoga jālandhara bandha genannt wird (Abb. 4).
Abb. 4
Beim Üben von Dandāsana zeigt sich, dass es für eine gute und erfolgreiche Praxis sinnvoll ist, mit verschiedenen Varianten dieser Grundhaltung zu arbeiten. In einer kleinen Auswahl werden einige der zahlreichen Varianten hervorgehoben.
Die wichtigste Variationsmöglichkeit eröffnet sich durch eine Veränderung der Beinhaltung. Für viele Übende ist es nötig, die Knie anzubeugen, nur so erreichen sie die geforderte Rückenstreckung ohne Verspannungen.
Abb. 5
Auch das Anheben der Sitzposition durch eine geeignete Unterlage wirkt in dieser Richtung (Abb. 6).
Abb. 6
Auch ein leichtes Grätschen der Beine (Abb. 7) gibt dem Rücken mehr Bewegungsspielraum.
Abb. 7
Natürlich lassen sich diese Möglichkeiten auch miteinander kombinieren. Für steife, eher unbewegliche Menschen ist die Praxis von dandāsana vom Stuhl aus interessant. Um dabei dem Konzept von dandāsana nahe zu bleiben, sollten gleichzeitig mit dem Strecken des Rückens die Füße fest auf den Boden gepresst werden. Wer dandāsana auf diese Weise ausprobiert, wird die darin erreichbare Intensität schätzen lernen (Abb. 8).
Abb. 8
Genau umgekehrt kann vorgegangen werden, wenn Übende, die durch eine hohe Flexibilität in den Hüften kaum ein wirkliches Gefühl für dandāsana und seine Anforderungen entwickeln können. Durch eine Unterlage unter die Fersen ist dennoch die gewünschte Intensivierung und Erfahrung davon möglich (Abb. 9).
Abb. 9
Durch Heranziehen eines Beines an den Körper kann dandāsana auch asymmetrisch geübt werden (Abb. 10).
Abb. 10
Weitere häufig benutzte Varianten beziehen sich auf die Position der Arme. Durch ein Anheben der Arme wird die Streckung des Rückens intensiviert. Die unterschiedlichen Armpositionen sind in jeder gewählten Sitzposition möglich. Hier einige Beispiele (Abb. 11 und 12):
Abb. 11
Abb. 12
Eine große Anzahl weiterer Armpositionen sind möglich und können besondere und interessante Anforderungen in die Praxis von dandāsana bringen. Allerdings verliert die Streckung der Wirbelsäule in vielen dieser Varianten in der Regel an Intensität (Abb. 13).
Abb. 13
Der Atem
Die Ausgangshaltung ist ein entspannter Langsitz; mit der Einatmung geht es in die Streckung zum dandāsana – Abb. 14 zeigt eine Variante mit leicht gebeugten Knien.
Abb. 14
Diese Atemführung gilt auch, wenn die Arme angehoben werden (Abb. 15).
Abb. 15
Gerade für dandāsana mit gestreckten Armen stehen zahlreiche nützliche Abfolgen von Schritten in das Āsana hinein zur Verfügung (Abb. 16 – 18).
Abb. 16
Abb. 17
Ebenfalls hilfreich ist die Verbindung von dandāsana mit einem einfachen paścimatānāsana (Abb. 18).
Abb. 18
Problembereiche und Risiken
Probleme aus der Praxis von dandāsana ergeben sich hauptsächlich im Bereich des Rückens, des Nackens und Schultern und der Hüfte (Abb. 19).
Abb. 19
Rücken
Dandāsana verlangt viel Kraft und damit Spannung im ganzen Rücken. Leicht kann diese notwendige Spannung zu kontraproduktiver Verspannung werden – bestehende Ungleichgewichte im Rücken können dadurch verstärkt werden. Das wesentliche Mittel, solchen Tendenzen entgegenzuwirken, ist die Wahl der passenden Ausgangsposition. In Abb. 20 ist eine Reihe dargestellt, in der die Chancen für eine Verspannung immer größer werden.
Abb. 20
Vor allem Übende, die zu Verspannung im unteren Rücken oder Ischiasproblemen neigen, sollten die Vorteile der Varianten nutzen, die von einem Stuhl oder Hocker aus geübt werden.
Nacken und Schultern
Nackenverspannungen sind häufig und dandāsana kann solche Verspannungen verstärken. Die Position von jālandhara bandhasiehe Referenzposition ebenso wie – bei den entsprechenden Varianten – ein längeres Halten der angehobenen Arme sind für einen empfindlichen Nacken schnell eine Überforderung. Deshalb sollte in der Vorbereitung, vor einer intensiven Praxis von dandāsana, ein Gefühl dafür vermittelt werden, wie belastbar, wie frei der Nacken ist. Wann immer Zweifel an dieser Belastbarkeit aufkommen, sollte die Position angepasst werden. Diese Veränderungen können sich beispielsweise auf die Kopfhaltung beziehen. Die Intensität von jālandhara bandha kann etwa durch leichtes Heben des Kopfes gemindert werden (Abb. 21).
Abb. 21
Auch die Armposition kann unter diesem Aspekt gewählt werden, z. B. durch ein Anbeugen der Arme (Abb. 22).
Abb. 22
Die Wahl der Variante mit gesenkten Armen oder eine noch größere Entlastung des Schultergürtels durch das Ablegen der Hände auf den Oberschenkeln sind in diesem Zusammenhang weitere Varianten (Abb. 23).
Abb. 23
Ebenfalls kann es sinnvoll sein, während der Praxis Bewegung in den Bereich von Nacken und Schultern zu bringen. Abb. 24 und Abb. 25 zeigen jeweils beispielhaft, wie statt eines längeren statischen Verweilens die Statik unterbrochen wird. Stattdessen wird kürzer in der Statik geblieben und dafür mit mehr Wiederholungen geübt, indem eine Armbewegung hinzugefügt wird.
Abb. 24
Abb. 25
Hüften und Oberschenkel
Auch für in der Hüfte steife Menschen ist das Risiko hoch, viel Spannung in die Hüften und Oberschenkel zu bringen. Neben einer entsprechend intensiven Vorbereitung sollte zur Vermeidung oder Reduzierung dieses Problems primär wieder die Frage nach der Wahl einer richtigen Ausgangsposition (Stichwort Sitzhöhe) gestellt werden.
Die Vorbereitung – pūrvāṅga
Unterschiedliche Āsana (Abb. 25 - 30) sind für die Vorbereitung von dandāsana geeignet.
Ardha uttānāsana
Abb. 26
Ūrdhva prasṛta pādāsana
Abb. 27
Daṇḍāsana vom Stuhl
Abb. 28
Vinyāsa für paścimatānāsana
Abb. 29
Auch Rückbeugen wie bhujaṅgāsana oder śalabhāsana können unterstützen, den Rücken auf die Anforderungen von dandāsana vorzubereiten (Abb. 30).
Abb. 30
Der Ausgleich – pratikriyāsana
Bei der Wahl eines oder mehrerer Āsana als Ausgleich nach der Praxis von daṇḍāsana gibt es je nach gewählter Variante und Intensität verschiedene Möglichkeiten und Schwerpunkte. Nach einer wenig fordernden Praxis reicht śavāsana als Ausgleich meist aus (Abb. 31).
Abb. 31
Spannung im Rücken kann mit einer Vorbeuge aus cakravākāsana ausgeglichen werden (Abb. 32).
Abb. 32
Bei Spannung in den Hüften und Oberschenkeln eignen sich Übungen wie dvipāda pītham (Abb. 33) oder auch catuṣpāda pīṭham (Abb. 34).
Abb. 33
Abb. 34
Wurde beim Üben von dandāsana viel Wert auf die Beinstreckung gelegt, sorgt apānāsana für einen Ausgleich von Spannung im Bereich der Beine (Abb. 35).
Abb. 35
Eine intensive Praxis von dandāsana vorausgesetzt, ist es beim Unterrichten von Gruppen sinnvoll, den Ausgleich möglichst breit anzulegen, um den oft sehr unterschiedlichen Schwierigkeiten im Üben dieses Āsana ausreichend gerecht zu werden.
Daṇḍāsana im Gruppenkurs
Dandāsana selbst eignet sich nicht als Ausgleichsübung pratikriyāsana. Eine Rolle in der Vorbereitung kann es für mahāmudrā spielen (Abb. 36). Und als Mittelpunkt oder einer der Schwerpunkte einer Praxis kann es mit seinen verschiedenen Variationsmöglichkeiten interessante Verwendungen finden.
Abb. 36
Ein Kurs für daṇḍāsana
Hinweis: Die Abbildungen stehen lediglich für das Konzept der vorgeschlagenen Āsana und geben nicht die zu übende exakte äußere Form wieder. Wie ein Āsana auszuführen ist, hängt immer von den jeweils besonderen Gegebenheiten/Möglichkeiten der übenden Person ab. Auch die angegebene Zahl der Wiederholungen ist nur als Vorschlag zu verstehen. Ziel ist letztlich, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Anzahl der Wiederholungen und der Zusammenstellung der einzelnen Vinyāsas zu finden.
Ob dieser Kurs für eine Gruppe oder Person wirklich geeignet ist, sollte jeweils geprüft werden. Das gilt nicht zuletzt für die in diesem Kurs vorgeschlagenen ersten Übungsabfolgen, die einen belastbaren Rücken voraussetzen: eine Bedingung, die an eine intensive Praxis von dandāsana zu stellen ist.
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